Das Geschenk: Psychothriller (German Edition) by Sebastian Fitzek

Das Geschenk: Psychothriller (German Edition) by Sebastian Fitzek

Autor:Sebastian Fitzek [Fitzek, Sebastian]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426439821
Herausgeber: Droemer eBook
veröffentlicht: 2019-10-22T22:00:00+00:00


41.

Milan / Rügen

Milan hatte nur wenige Sekunden verstreichen lassen, ein verzögerter Schreckmoment, bis er Andra gefolgt war, und dennoch hatte er sie bereits an der offenen Haustür verloren. Das Letzte, was er von ihr sah, waren die Rücklichter des Minis, bevor diese beim Waldrand um die Ecke Richtung Kreisverkehr verschwanden.

Was hast du nur gelesen, das dich so sehr erschreckt hat?

Ratlos sah Milan sich um. Die Wohnsiedlung, die vorhin noch im Feuerwerk der Signallichter explodiert war, wirkte nach Abzug der Einsatzfahrzeuge wie eine schlafende Schildkröte, die sich unter den Panzer der Dunkelheit zurückgezogen hatte. Das Rauschen des Windes, der an den Bäumen, Büschen und akkurat geschnittenen Hecken zerrte, gab einen Vorgeschmack auf das Tosen der Ostseewellen, die sich einen Katzensprung entfernt auf die Küste warfen.

Als Milan auf den gefrorenen Rasen des Vorgartens trat, der in seiner Kindheit eher einem Bolzplatz geglichen hatte, waren seine Sinne in höchster Alarmbereitschaft. Er meinte das Salz in dem feinen Nieselregen zu schmecken, er roch das Meer trotz der Kälte, in der sich Gerüche weniger gut verbreiteten als in wärmerer Luft. Milan meinte, selten zuvor so gut gehört, gefühlt und gesehen zu haben, doch das alles half ihm nicht, die Fährte aufzunehmen. Andra konnte zurück nach Berlin oder nur zur nächsten Tankstelle gefahren sein. Vielleicht würde er niemals den Grund für ihre panikartige Flucht erfahren, denn den Artikel, der sie offensichtlich so verstörte, hatte sie mit sich genommen.

»Herr Berg?«

Er zuckte zusammen, bevor er sich zu der Frau des Professors herumdrehte und sich dafür entschuldigte, die Kälte in ihr Haus gelassen zu haben.

»Ich werde jetzt wieder gehen«, sagte er, auch wenn er keine Ahnung hatte, wohin. Ihm fiel ein, dass er in der Eile seine Krankenakte nicht mitgenommen hatte. Er hätte sie mit seinem Telefon einscannen und sich mithilfe einer Transkriptions-App vorlesen lassen können.

»Dürfte ich vorher noch einmal kurz in den Keller schauen?«

Sie schüttelte den Kopf. »Es ist spät. Außerdem denke ich mittlerweile, dass es ein Fehler war, Sie überhaupt hereingelassen zu haben.«

»Tut mir sehr leid, dass wir Sie gestört haben«, antwortete Milan und suchte in ihrem müden Gesicht nach dem Grund für ihre plötzliche Verschlossenheit. »Na dann, am besten, Sie öffnen heute keinen weiteren Unbekannten mehr die Tür.«

Er wandte sich ab, doch Frau Karsov hielt ihn mit ihren leise gemurmelten Abschiedsworten zurück.

»Oh, Sie waren für mich doch keine Unbekannten«, sagte sie.

Milan blieb stehen. »Sie meinen, weil Sie mich von den Fotos kennen?« Die in einem Arbeitszimmer hängen, in dem ganz offensichtlich jemand den Verstand verloren hat.

Frau Karsov nickte. »Und von dem letzten Besuch.«

Milan lächelte bedauernd. Die Nacht musste die Dame sehr mitgenommen haben.

»Ich habe Sie noch nie zuvor besucht, Frau Karsov.«

»Sie nicht, aber Ihre Freundin.«

»Andra?«

Milan spürte, wie es unter seiner Narbe wieder zu puckern begann. Und das unangenehme Gefühl breitete sich aus. Bald würde er am ganzen Kopf einen Druck fühlen, als trüge er einen zu eng anliegenden Motorradhelm.

»Genauer gesagt hat sie nicht mich, sondern meinen Mann besucht, und sie haben sich nicht hier getroffen, sondern beim Italiener, zwei Straßen weiter. Sie war in Begleitung eines sehr kräftigen, einschüchternd aussehenden Mannes.



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